„Das behalte ich doch besser für mich…“ Wissenstransfer im Unternehmen

Was machen Sie mit Mitarbeitern die aus dem Unternehmen ausscheiden?

Wie vermitteln Sie neuen Mitarbeitern die erforderlichen Informationen?

Indikatoren für das Ausscheiden von Mitarbeitern:

  • Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Kündigung seitens des Mitarbeiters oder des Unternehmens, Vertrag ausgelaufen und nicht verlängert)
  • Beendigung der Lebensarbeitszeit – (Eintritt ins Rentenalter)
  • Wegzug eines Mitarbeiters
  • Tod eines Mitarbeiters

Abgesehen vom Tod eines Mitarbeiters, lassen sich die meisten andreren Termine in der Regel recht genau absehen.

Auch wird sich ein Unternehmen gewiss regelmäßig Gedanken über die Personalentwicklung in den nächsten Jahren machen oder gemacht haben. Aber Silvester und Weihnachten kommen ja immer so plötzlich.

Einige Indikatoren für „neue Mitarbeiter“:

  • Einstellung (Festanstellung, Zeitvertrag / Zeitarbeit / Projektarbeit)
  • Abteilungswechsel
  • Ortswechsel (Filialwechsel)
  • Einstellung von Auszubildenden
  • Vertragliche Verpflichtung von externen Mitarbeitern

Gewiss erinnern Sie sich noch an die Zeit, in der längst verrentete Mitarbeiter „wieder ausgegraben“ wurden um z.B. ältere Software anpassen zu können. Ein Beispiel war das sog. „Millenium Problem“ um die Jahrtausendwende. Diese Mitarbeiter wurden seinerzeit aus den Unternehmen entlassen, OHNE dass sichergestellt wurde, dass deren Wissen hinreichend dokumentiert war.

Lohnt es sich überhaupt, Wissen zu sichern/speichern, wo Wissen doch so schnell veraltet? Grade deshalb! In vielen Fällen veraltet ja nicht das Wissen, zumeist verändern sich lediglich Details oder Parameter von Informationen und/oder Verfahren  – klassisches Beispiel: Einführung eines neuen Software-Releases oder die Modifikation eines Arbeitsablaufes (“…das Formular X geht jetzt nicht mehr über A, sondern direkt an B”)

Die Gründe für den Aufbau eines Wissens-Management liegen in der Regel auf der Hand und von deren Notwendigkeit braucht in der Regel auch kaum jemand überzeugt zu werden. Dennoch seien hier einige wesentlichen Gründe genannt:

  • Transparenz von Informationen (welche Information gehört in welchen Bereich?)
  • Übersichtlichkeit von Zuständigkeiten (auch in anderen Filialen, Geschäftsstellen, Standorten)
  • Ablaufprozesse werden beschrieben
  • Wissen geht nicht verloren (siehe hier insbesondere die Beispiele, in denen Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und ihr Wissen „mitnehmen“)
  • Informationen liegen idealerweise aktuell vor.
  • Zur Beschaffung von Informationen muss nicht darauf gewartet werden, dass der zuständige Mitarbeiter Zeit hat oder aus dem Urlaub oder von sonstiger Abwesenheit zurückgekehrt ist
  • Fragende Mitarbeiter können sich an ein „anonymes System“ wenden  (und können sich auch „trauen“ Fragen zu stellen)
  • Beschreibung von verwendeten Materialien für die Produktion
  • Beschreibung der Beschaffung (von Materialien, Büromaterial, internes Antragswesen etc.)
  • Unternehmens-Richtlinien z.B. für Beschaffung, Ausschreibungen, Pausenregelungen, Hausordnung(en), Urlaubsregelungen etc.
  • Auszubildenden steht eine Möglichkeit zur Verfügung, Informationen nachzuschlagen
  • Gebrauchsanweisungen und Verfahrensbeschreibungen liegen zentral vor und müssen nicht „zusammengesammelt“ werden.

Zur Durchsetzung eines entsprechenden Systems liegt der „Schwachpunkt“ oft der Verifizierbarkeit und das Problem der Quantifizierung.

  • Ist die Einführung im Vorfeld hinreichend und konstruktiv kommuniziert worden?
  • Wird das System genutzt? (fühlen sich die Mitarbeiter mit dem System wohl?)
  • Sind die Informationen hilfreich und verständlich (ein „das hat mir (nicht) geholfen“-Button ist gewiss zu bedenken)
  • Kann eine Zeitersparnis genannt (und ggf. quantitativ benannt) werden? (Interviews der Nutzer nach einer gewissen Nutzungs-Zeit nach Einführung)
  • Ist „Zeitersparnis“ überhaupt  das „Maß aller Dinge“? Führen die Erkenntnisse mittelfristig dazu, dass die Erledigung von Aufgaben besser und sicherer, mit geringerer Fehleranfälligkeit (oder eben auch schneller) durchgeführt werden?
  • Sind die Inhalte angemessen in der Darstellung und im Umfang (Vermeidung von Quassel-Strippen)
  • Können z.B. interne Seminare eingespart werden? (Reisekosten, Fahrtkosten, Hotelkosten etc.)
  • Bei der Einstellung ist ggf. zu prüfen, ob die Quelle (automatsch) gespeichert werden soll (hier ist sicher Rücksprache mit dem Betriebsrat angeraten)

Häufig ist festzustellen, dass Mitarbeiter, regelrecht auf ihrem Wissen „sitzen“ und somit die Transparenz behindern. Nicht selten ist die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz ein Grund, Informationen für sich zu behalten. Aber wem gehört eigentlich das von den Mitarbeitern erworbene Wissen? Akzeptanzproblemen von Mitarbeitern begegnet man am besten, wenn von Seiten der Unternehmensleitung die Methoden nicht nur „gut-heißt“, also „virtuell unterstützt“ wird, sondern wenn Geschäftsführer, Abteilungsleiter und sonstige „Chefs“ sich aktiv am Wissenstransfer beteiligen.

Zum Erfolg für die Einführung eines Wissens-Management zählt auch

  • die Taktik der Einführung. Wenn Mitarbeitern ein System „vor den Füße geworfen“ und anschließend erwartet wird, dass es gleich genutzt wird, ist der Erfolg sicher nicht gewährleistet.
  • Die Entwicklung sollte bereits im Vorfeld kommuniziert werden (mindestens: eine offizielle Bekanntmachung des Plans und ein (ggf. vorläufiger) Einführungstermin. Wird ein System eingeführt und erst anschließend gefragt, wofür und wie es verwendet werden soll, ist gewiss wenig zielführend.
  • Eine Wissensdatenbank sollte zum Zeitpunkt der Einführung bereits über hinreichend Content verfügen, so dass es auch von Beginn an genutzt werden kann und eine „Grundmotivation“ besteht, den Content zu erweitern.
  • Ein weiterer Faktor ist die Abgrenzung von Informationen.
  • Eine mittelfristige Anpassung der Unternehmenskultur in Bezug auf das Prozessbewusstsein sollte stattfinden und gewährleistet werden. Dazu zählt sicher auch, dass keiner „schief angesehen“ wird, wenn er/sie sich einen Clip ansieht und dabei Ohrstöpsel trägt.

Was gehört in eine Wissensdatenbank?

Sicher gibt es hier keine allgemeingültige Formel denn es ist von Branchen zu Betrieb höchst unterschiedlich. Hier ein Versuch, einer eher „allgemeinen“ Auflistung von Beispielen.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sicher auch Informationen gibt, die nicht Abteilungsübergreifend zur Verfügung stehen dürfen
(Stichwort: Abgrenzung von Informationen!)
Weiterhin ist das Einstellungs-Datum einer Information von Wichtigkeit!
(Stichwort: Wie aktuell ist diese Information). Dabei ist „Aktualität“ nicht mit „Gültigkeit“ zu verwechseln.

  • Verfahrensbeschreibungen über interne Vorgänge / Definition von Geschäftsprozessen
  • Definition von Arbeitsabläufen
  • „Gebrauchsanweisungen“ über technische Geräte
  • Auch „Banalitäten“ wie Übersichten von Zuständigkeiten, Mitarbeiterlisten (Abteilung), Telefonlisten und dergleichen sind für die Aufnahme überlegenswert
  • Erfahrungen aller Art und Form (auch Erfahrungen mit Kunden, Produkten, Artikeln, Maschinen…)
  • Beschreibungen über Einstellungen von Software, Hardware, bis hin zum Umgang mit dem Kopierer
  • Beschreibungen technischer Probleme und deren Lösung
  • Übersicht der in der Anwendung befindlichen Geräte
  • Ein Forum-ähnlicher Aufbau kann u.a. sinnvoll sein.

Techniken Methoden / / Verfahren / Aufzeichnungsarten

  • Text in Form von Artikeln (auch Microartikel)
  • Interviews ausscheidender Mitarbeiter
  • Unternehmens- Wiki (z.B. Confluence)
  • Unternehmens-Twitter / Microblogging-Software (z.B. Laconica, Echowaves, Mini-Twitter, Just-Software, cynapse)
  • Unternehmens-Facebook
  • WordPress (Blog-System)
  • Sharepoint (die teurere Variante, erfordert aufwändigere Wartung)
  • Videoaufzeichnungen (Lernfilme, vorzugsweise kurze Clips z.B. über Softwareanwendungen) bsp. mit Jing
  • Folien (slideshare), Tweets, Fragen (Unternehmens-Forum), Videos (Lernfilme), Webcast, PDFs
  • Übergreifende Suchfunktionalität (Volltextrecherche), „Bedeutungssuche“ (sematische Suche ‑>Erfordert eine gute (assoziative) Verschlagwortung von Text, Folien, Videos etc.

WordPress, das System für Arme?

Keineswegs! WordPress basiert auf PHP, MySQL und was das Backend betrifft, handelt es sich sicher um ein zukunftsorientiertes System. Zumindest ist die Portabilität aufgrund allgemeiner Kompatibilitäten weitgehend gewährleistet. Bestechend an dem System ist zum einen, dass es kostenlos und mit sog. Widges“ oder „Plugins (auch häufig kostenlos aber nicht umsonst;-) schier endlos erweiterbar ist. Es bestehen Verschlagwortungsmöglichkeiten für Artikel und Seiten (aus denen u.a. Word-Clouds erstellt werden können), die übergreifende Suchmöglichkeit funktioniert sehr gut! Es ist also kein Wunder, dass sich WP großer Beliebtheit erfreut (lt. Ion Burke (wordpress.com) ca. 50.000 neue Blogs täglich). Die Installation ist zwar „etwas gewöhnungsbedürftig“ aber dann sehr gut einzustellen, zu bedienen und zu warten.

Moderation

Wichtig ist, dass ein Wissenstransfer-Management-System moderiert wird. Ein nicht-moderiertes System stirbt mitunter kurz nach der Einführung, ein System „lebt“ nicht von selber.

Zu den Aufgaben eins Moderators (Content-Manager) gehören u.a.:

  • Mitarbeit bei der Entwicklung des Systems (ggf. in enger Abstimmung mit der IT-Abteilung)
  • Aufräumen des Systems (u.a. verschieben falsch zugeordneter Einträge)
  • Technische (und optische) Anpassungen
  • Überprüfung der Qualität von Beiträgen
  • Ggf. Anpassungen von missverständlichen Formulierungen (vorzugsweise erst nach Nachfrage)
  • Weiterleitung von Anfragen an die kompetente Person
  • Ggf. entfernen von offensichtlich sinnfreien oder gesetzeswidrigen Einträgen
  • Idealerweise trägt der Moderator ebenfalls dazu bei, die Wissensdatenbank zu füllen und regelmäßig die Aktualität der Informationen zu verifizieren und ggf. zu korrigieren oder Update-Informationen weiterzuleiten.
  • auch die o.g. Mitarbeiter-Zufriedenheits-Untersuchen kann gut in den Aufgabenbreich passen
  • Und nicht zuletzt: „ansprechbar sein“

Entscheidend bei der Auswahl eines Systems ist nicht zuletzt die Portabilität (Plattformunabhängigkeit) des Backends. Es ist nicht einfach einzuschätzen, wie sich ein System entwickeln wird, ob also gewährleistet ist, ob das System, für das man sich entschieden hat oder entscheiden möchte, in den nächsten 10 Jahren technisch noch relevant ist, und eine Wissensdatenbank sollte durchaus auf die Zukunft gerichtet sein.

Interessant auch in diesem Zusammenhang:  Drei Schritte zum erfolgreichen Wissenstransfer von Melanie Hattwig

One thought on “„Das behalte ich doch besser für mich…“ Wissenstransfer im Unternehmen

Schreibe einen Kommentar